Hafenanlagen

Vielerorts sind in kleinen und mittleren Hafenanlagen (außer in den Wintermonaten) ein paar Fische zu sehen und so beginnen in der Regel die meisten Abendteuer auch fast immer an einem Hafen… Das liegt ganz einfach daran, dass sich die Fische hier sicher fühlen und wir die Fische sehen und beobachten können. Das macht die Sache aber nicht unbedingt einfacher, denn das Beobachten geht in beide Richtungen… In der Regel haben uns die Hafenfische viel eher wahrgenommen als umgekehrt. Wer häufiger am Mittelmeer Urlaub macht weiß, Hafenfische stehen unter Dauerbeschuss. Diese Fische zu fangen ist nicht einfach und ein Versuch macht nur unter ganz bestimmten Bedingungen Sinn. Zu den erfolgsversprechenden Bedingungen an Häfen zählen (wie fast auch sonst immer)die Dämmerung morgens und abends (blaue Stunde) sowie wolkiges und schlechtes Wetter mit Wellengang.

Ganz früh morgens ist man oft allein vor Ort und leises und unauffälliges Auftreten ist jetzt  Grundvoraussetzung für den Erfolg. Ich bleibe anfangs immer etwas von der Hafenkannte entfernt und mache meine Würfe aus einer möglichst großen Entfernung zur Kaimauer. Nicht selten stelle ich mich während der ersten Würfe hinter ein geparktes Auto, einen Stromkasten oder einem anderen Hindernis und werfe aus einer gewissen Deckung. Ein kleiner Wolfsbarsch von 40-50cm ist zum Teil über 5 Jahre alt und hat in der Regel mehr Kunstköder in seinem Leben gesehen als unser Tackledealer an seiner Wand hängen hat… Man sollte die Intelligenz der Fische nicht zu hoch einschätzen, die Instinkte aber umso mehr. Die Assoziation „seltsam schwimmender Plastikfisch“ in Verbindung mit „Schatten an der Hafenmauer“ ist für diese Fische schneller hergestellt als wir es für möglich halten und bedeutet für die Fische nur eins: Gefahr!

Besonders bei schlauen Hafenfischen muss unser Gerät tagsüber so leicht wie möglich sein sonst werden wir uns hier die Zähne ausbeißen. Erlauben es die Bedingungen (keine Poller, Boote und andere Hindernisse im Wasser)mit wenig Risiko leicht zu fischen, so greife ich je nach Sichtigkeit unter Wasser gerne auf UL Gerät, also eine 0,06-0,10 geflochtene Hauptschnur in Verbindung mit einem Monoleader ab 0,15. Durchgehende Mono ist dabei sogar noch besser, erfordert aber zumindest bei meinem Equipment eine passende E-Spule.

Im Winter und im Frühjahr ist das Bild der Häfen, ganz anders als in den folgenden beiden Jahreszeiten, eher karg was das Futter betrifft. Die typischen Futterfische wie Ährenfische fehlen entweder, oder sie sind bereits so groß (Meeräschen) das sie in Schwärmen vor den Küsten und Flussmündungen schwimmen und nur sehr sporadisch einen Hafen zu dieser Jahreszeit besuchen. Das ist der Grund warum in diesen beiden Jahreszeiten kleine Häfen und Marinas eher zu den schlechteren Spots zählen.  Angelt man trotzdem am Hafen sollte die zu beangelnde Tiefe und die Einholgeschwindigkeit beachtet werden. Fischt man im Sommer und Herbst recht zügig und oberflächennah, führt man nun die Köder am besten eher Grundnah, langsam mit kleinen Pausen und kurzen Twitches. Gerade jetzt sind Gummifische den Wobblern oft überlegen und ein Versuch damit kann sich lohnen.  Eine ebenfalls vielversprechende Methode ist das Angeln mit dem Texas- bzw. dem Carolina Rig.  

Im Sommer und Herbst leben die Häfen & Marinas! Massen an Kleinfischen suchen Schutz zwischen den Betonmauern und den kleinen Booten und locken durch ihre Anwesenheit Räuber aus dem nahe gelegenen Freiwasser an.  Neben Wolfsbarschen ist jetzt gewichtiger Beifang gerade Nachts und in den Dämmerstunden nichts ungewöhnliches, da sich neben den Wolfsbarschen auch andere Räuber wie Barrakudas, Mahis & Bluefisch von dem Futterüberfluss anziehen lassen! Ein Schnack mit den Locals wird uns Einblick in die mögliche Fischwelt abseits der Wölfe schaffen. Sollten Barras und Blues nicht auszuschließen sein, sollte man seinem Kunstköder ein dünnes Stahlvorfach vorschalten. Gerade Bluefish haben messerscharfe Zähne und kappen mit einem Kopfschütteln sogar 0,60 Monoschnüre…

Ist das Wasser tagsüber durch einen Sturm trübe und der Himmel wolkenverhangen sind die Voraussetzungen für Wolfsbarsch trotz der warmen Jahreszeit auch am Hafen nicht die schlechtesten. Haben wir dagegen einen typischen Mittelmeer-Sommertag, mit  30°C und blauem Himmel, sollten wir uns beim Wölfe-Angeln auf die frühen Morgen- und Abendstunden konzentrieren oder eben in die Nacht.

Gerade im Spätherbst ist das Angeln in Häfen und Marinas in den (sehr) frühen Morgenstunden extrem vielversprechend. Kommt noch etwas Regen und ein paar Wolken hinzu sollte man auf ein gemütliches Frühstück verzichten und sich auf den Weg zur nächsten Marina machen. Kleine flachlaufende Wobbler im Ährenfisch-Look (meine Top-Fabe ist dabei Ayu) sind jetzt Trumpf. Die Wölfe patrouillieren idR 10-20 Meter vor den festgemachten Booten und jagen in Richtung Kaimauer um die Futterfische so in eine Sackgasse zu treiben. Es kommt zu dieser Jahreszeit öfters als sonst vor, dass die Wölfe in den frühen Morgenstunden im Rudel, bestehend aus 3-6 Fischen jagen. Erwischt man so einen Tag, streiten sich die Fische darum wer als erster den Landgang antreten darf und ich habe schon ein paar Mal von Doppelfängen auf einen Wobbler gehört… Dieser „Fressrausch“ dauert aber nach eigenen Erfahrungen max. 10-15min – wenn man also mehr als einen Fisch fangen möchte muss man sich beeilen!  

Bis jetzt habe ich viel über das Leben und Fischen im Hafenbecken geschrieben, dabei sollten wir die Außenseite der Hafenanlagen nicht übersehen. Fast immer werden Hafenanlagen im Außenbereich  durch große Felsen oder künstliche Tetrapoden gegen die raue See geschützt. Diese von Menschenhand aufeinander gestapelten Riesen, bilden ein Geflecht aus Tunneln und Gängen Unterwasser und bieten hier sowohl den Räubern Deckung als auch den Gejagten Schutz – ein perfekter Ort für unser Vorhaben! Die Chance einem guten bis sehr guten Wolfsbarsch hier zu begegnen ist erheblich größer als in einem Hafenbecken. Gerade im Frühjahr und Winter gibt es für die meisten Räuber in den Hafenbecken nichts zu holen, also haben sie idR auch keinen Grund sich dort aufzuhalten, bzw. das Hafenbecken aufzusuchen. Chancentechnisch sind die Außenanlagen der Häfen im Frühjahr und Winter dem Hafenbecken klar überlegen! Im Sommer und Herbst hingegen sind die Außenkanten der Häfen ein Garant für Beifang, gerade wenn sich der Grund steinig und felsig gestaltet und in einer Tiefen ab ca. 10m liegt. Je tiefer umso besser für Barrakuda & CO die zwar im Mittelwasser jagen aber idR die Nähe zu tiefen Abschnitten suchen.

Große Hafenfische

Einer besonderen Erwähnung bedürfen die großen Hafenfische, also WoBas über 6-7 Pf. welche  als (fast) unfangbar gelten. Dies hat hauptsächlich 2 Gründe:

1.    Große Hafenfische sind nicht zufällig so groß geworden. IdR leben sie schon viele Jahre in oder in der Nähe eines Hafens und kennen mittlerweile alle Tricks der vielen Angler welche dort tagtäglich ihr Glück versuchen.

2.    In fast allen Häfen am Mittelmeer, ob klein oder groß, landen Fischer ihren Fang an. Hier werden die Netze gesäubert und der Beifang über Bord geworfen. Unter den Booten findet man dann alles Mögliche: Von Seesternen und –igeln, über Fragmente antiken Geschirrs bis hin zu dem eben erwähnten Fischbeifang. Dieser ist es, der die großen, faulen und trägen Wolfsbarsche der Häfen am Platz hält. Die Nahrungsaufnahme von weggeworfenem Beifang  ist extrem effizient, denn der Fisch verschwendet keine wertvollen Ressourcen für die Jagt, erlangt aber trotzdem essentielles und  wertvolles Eiweiß. Gerade sehr große bzw. alte Fische sind - wie alle Tiere fortgeschrittenen Alters - nicht mehr ganz so schnell  und die Erfolgsaussichten bei einer Verfolgungsjagd eines gesunden Tieres schwinden mit zunehmendem Alter.  Da liegt eine Umstellung der Gewohnheiten im Alter nah. Und wer jetzt glaubt dass die Fangaussichten mit Naturködern an den richtigen Stellen steigen würden, wird sich wundern… Wie gesagt: extrem große Fische sind auch extrem schlau und extrem misstrauisch und es erfordert immer mindestens genauso viel Glück wie Können, wenn man einen der ganz Großen fangen möchte!!